Irena Forslind wurde 1927 in Polen geboren. Sie wuchs zusammen mit ihrem Vater, ein Partisan der Widerstandbewegung, und ihrer Mutter auf.
Als im Jahre 1939 im September die Schule wieder losging, erklärte ihr der Lehrer, dass in Polen der Krieg ausgebrochen ist und schickte sie nach Hause. Schon auf dem Weg sah sie, wie Männer mobilisiert wurden, um das Land zu verteidigen. Auch ihr Vater musste die Stadt verlassen und in den Krieg ziehen.
Nicht viel später wurde die Stadt bombardiert, sodass Irena, ihre Mutter und die Großeltern aufs Land flüchten mussten. Dort kamen sie zusammen mit vielen anderen Menschen auf einem Bauernhof unter. Irena hatte große Angst und musste gemeinsam mit ihrer Familie lange auf dem Bauernhof ausharren. Als es endlich vorbei war, wurden sie von deutschen Soldaten wieder nach Hause geschickt.
Irena Forslind
Das Haus war völlig zerstört, es gab weder Strom noch Wasser. Irena und ihre Mutter lebten jeden Tag in Angst, denn sie wussten nicht wie lange sie noch unter diesen Umständen leben müssen. Zu dieser Zeit waren Misshandlungen und Vergewaltigungen durch Soldaten an der Tagesordnung. Auch Irenas Mutter blieb davon nicht verschont. Erst viel später erfuhr Irena, dass aus der Vergewaltigung ein Kind entstanden ist.
Eines Nachts klopfte es leise an der Tür. Es war Irenas Vater, der verwundet zurückgekehrt war. Irena war unglaublich glücklich und konnte ihn davon überzeugen über Nacht zu bleiben. Sie wusste nicht, dass man sie an die SS verraten hatte und diese in selbiger Nacht das Haus aufsuchten. Gerade als sie sich schlafen legen wollten, schlugen Männer der SS laut gegen die Tür. In diesem Moment wusste die Familie, dass dies der letzte gemeinsame Augenblick war. Der Vater umarmte Irena und die Mutter und öffnete die Tür. Man schlug ihn nieder und schaffte ihn in ein Militärauto. Auch Irena und ihre Mutter wurden getrennt voneinander in ein solches Auto transportiert.
Irena verbrachte neun Monate in einem Gefängnis in Lodz. Dort musste sie unter schlechtesten Bedingungen hart arbeiten, bekam kaum etwas zu essen und wurde misshandelt. Man versuchte auch, sie zu verhören. Da Irena aber weder etwas verstand, noch viel sagen konnte, wurde sie geschlagen bis ihr Rücken blutig war.
1940 wurde sie dann, mit 12 Jahren, mit einem Güterzug nach Ravensbrück deportiert. Die Enge war erdrückend und auch Essen und Trinken gab es nicht. Schon auf dem Weg starben viele Frauen unter den Qualen, die einfach achtlos aus dem Zug geworfen wurden.
In Ravensbrück angekommen mussten sich die Frauen zunächst vor den Männern der SS entkleiden, was Irena als sehr entwürdigend empfunden hat. Dann wurden ihnen die Haare abrasiert, Schmuckstücke abgenommen und Häftlingskleidung ausgegeben. Irena bekam zusätzlich einen roten Winkel, der sie als politische Gefangene identifizieren sollte. Danach wurden sie zu ihrer Baracke gebracht, bekamen einen Becher und eine Schüssel, was ab jetzt ihr einziger Besitz war.
Den Frauen wurden unterschiedlichste Arbeiten zugeteilt. Irena wurde zu einer Fabrik geführt, die sich fern der unmittelbaren Lagerumgebung befand. Ihre Aufgabe war es, dort neue Munition herzustellen. Bei der Arbeit war sie großem Druck und der ständigen Kontrolle der Wärter ausgesetzt. Schaffte sie die Vorgaben nicht, wurde sie bestraft. Irena bekam vor und während der Arbeit kaum Essen und Trinken, sodass sie ständig Hunger hatte.
Es wurde an sieben Tagen die Woche im Schichtsystem gearbeitet,- eine Woche tagsüber und eine Woche nachts. Pausen gab es keine.
Zurück im Lager lebte man in ständiger Angst der willkürlichen Gewalt der Wärterinnen ausgeliefert zu werden. Irena war dort umgeben von Krankheiten und Tod. Eine grausame Atmosphäre, die auch heute noch schmerzhafte Erinnerungen in ihr hervorruft.
1943 wurde Irena von Ravensbrück nach Wuppertal in eine neue Munitionsfabrik deportiert. Auch hier musste sie unter schrecklichsten Bedingungen arbeiten. Für Irena war jeder Tag ein neuer Kampf ums Überleben.
Als eines Tages die Fabrik bombardiert wurde, gelang es Irina zusammen mit einer Mitgefangenen zu flüchten. Sie kamen bei einer Frau unter, die ihnen Essen und Kleidung gab. Von dort aus setzten sie ihre Flucht Richtung Lodz fort. Sie fuhren mit dem Zug zunächst bis Poznań und von dort aus weiter nach Lodz. Auf der Fahrt mussten sie sich vor Kontrolleuren und der Polizei verstecken, aus Angst erwischt zu werden sprachen sie nur noch Deutsch. Am Zielort angekommen, trennten sich ihre Wege und Irena setzte ihren Weg zu ihrem Elternhaus fort. Hier fand sie jedoch eine neue Familie vor, die sie beschimpfte und festhielt bis die Polizei sie zurück in das Gefängnis in Lodz brachte. Von dort wurde Irena 1944 zurück nach Ravensbrück gebracht.
Dort wurde der Umgang mit ihr verschärft. Die täglichen Misshandlungen und der Mangel an Essen ließen sie mehr und mehr verzweifeln. Den Höhepunkt erreichte dies, als sie sich der Anweisung einer Wärterin widersetze und diese beleidigte. Daraufhin wurde sie mit einem Knüppel bis zur Besinnungslosigkeit verprügelt. Man zerschlug ihr das Gesicht und warf sie in einen Bunker.
Als sie nach Tagen wieder aufwachte brauchte sie einige Zeit um zu realisieren was man ihr angetan hatte. Irena hatte starke Schmerzen, musste aber trotzdem nach einer Woche wieder arbeiten gehen. Da sie durch ihre starken Verletzungen kaum noch essen konnte, wurde sie von Tag zu Tag schwächer. Auch ihr Lebenswille schwand mit der Zeit immer mehr. Sie wünschte sich nichts mehr, als dass die Qualen endlich ein Ende finden. Auch ihren Mitgefangenen gelang es kaum Irena zu motivieren stark zu bleiben. Zu diesem Zeitpunkt wog Irena nur noch 20 Kilo. Sehnsüchtige hoffte sie, dass man sie bald in die Gaskammer bringt.
Es kam jedoch alles ganz anders, denn es war das schwedische Rote Kreuz, welches eines Tages die Tür öffnete und Irena aus dem Lager befreite. Mit vielen Schwierigkeiten fuhren sie durch Deutschland, über Dänemark, nach Schweden. An diese Zeit hat Irena kaum noch Erinnerungen, da sie lange Zeit nicht bei Bewusstsein war. Momentan versuchen Familie, Angehörige und Freunde herauszufinden wie genau sie nach Schweden gekommen ist, denn zu dieser Zeit gibt es noch viele ungeklärte Fragen. Heute weiß sie jedoch, dass ihre Mutter nach Auschwitz und ihr Vater nach Buchenwald transportiert wurden. Der Vater starb unter den unglaublichen Qualen, die Mutter überlebte diese grausame Zeit zwar, aber für Irena war es nie wieder die selbe Mutter, denn ihre Psyche konnte die Zeit im Konzentrationslager nie verarbeiten.
Wenn Irena heute ihre Geschichte erzählt, war es nicht das Rote Kreuz das sie gerettet hat, sondern ihr Mann Jan, der ihr geholfen hat diese grausamen Erlebnisse zu verarbeiten. Auch heute reißen jedes Mal alte Wunden auf, sobald sie über ihre Vergangenheit redet. Trotzdem hat Irena die Kraft aufgebracht, den Menschen die sie jahrelang misshandelt haben, zu vergeben. Sie sagt, dass es nur durch einen respektvollen Umgang möglich ist, Frieden in der Welt zu schaffen.
Für Irena und für Jan
Dieser furchtbare Ort
-und wenn ich dieser sage
meine ich genau diesen
kann sich
nicht daran erinnern,
was hier passiert istDarum wachsen noch die Bäume
Darum blühen noch die Blumen
Darum zwitschern noch die VögelDiese bezaubernde Frau
-und wenn ich diese sage
meine ich nicht nur- genau diese
sondern Tausende und Tausende
kann sich
gut daran erinnern,
was hier passiert istTrotzdem lässt sie das Vergeben wachsen
Trotzdem lässt sie das Herz blühen
Trotzdem lässt sie Liebe zwitschern