Arbeitsbeschreibungen (Rundgang)

Halle 2

„Siemens hatte ein raffiniertes System, die Beziehungen zwischen Häftlingen und Aufsichtspersonal zu vergiften. Nur wenige von ihnen haben diesem System widerstanden und sich konsequent anständig zu den Häftlingen verhalten. […]“

– Rita Sprengel, * 1907, Deutsche; Siemens: November 1942 – Oktober 1944, Halle 2

„Ich arbeitete in einem Hallenbüro. Ich mußte angefertigte Werkstücke eintragen und graphische Darstellungen anfertigen.“

– Johanna Sohst, * 1915, Deutsche „Halbjüdin“; Siemens: Sommer 1944 – April 1945, Halle 2

„Die Spulerei, Halle 2, war die wichtigste Halle. Hier musste Präzisionsarbeit gemacht werden an den Handspul- und elektrischen Maschinen. […] Jede Spule musste die genau vorgeschriebenen Wicklungen haben, mit dem feinsten Kupferdraht. Diese Spulen wurden in Apparate eingebaut, die für Flugzeuge bestimmt waren. […]“

– Yvonne Useldinger (geb. Hostert), * 1921, Luxemburgerin; Siemens: Mai 1943 – April 1945, Halle 2

Halle 3

„Die Arbeit, die ich verrichten sollte, bestand in der Regulierung von Metallkontakten auf einem winzigen Detail (der deutsch Name dafür war – justieren). Den ganzen Tag saß ich, ohne von der Werkbank aufzustehen. Die Hände wurden taub, weil ich sie die ganze Zeit nach oben halten musste.

Die Augen brannten. Mein Rücken wurde steif. Dennoch war es so besser als draußen im Frost. Aber jeden Tag wurde ich unendlich müde.“

– Olga Sosnovskaja, * 1925, Sowjetunion/Ukrainerin; Arbeitsbeginn bei Siemens unbekannt, Halle 3

„Ganz Siemens hat erzeugt für die V 2, für die Wunderwaffe, die sie erhofft haben. Sehr kostbare Federn mit Platin-, Gold- und Silberkontakten wurden dort gestanzt, für Relais. Die kamen in die Halle 3 und wurden montiert und justiert. Mit den Fingern durften sie nicht berührt werden. Die Frauen haben es dort nicht länger ausgehalten als drei, vier Monate, dann waren sie mit den Nerven fertig.“

– Irma Trksak, * 1917, Österreicherin; Siemens: Ende Oktober 1942 – Januar 1945, Halle 3, dann Stubenälteste Siemenslager

Halle 6

„Ich mußte in der 6. Baracke des Siemens-Arbeitslagers kleinste Maschinenteile zählen, immer in Akkordarbeit und unter Zeitdruck.“

– Theodoline Katzenmaier,  * 1918, Deutsche; Arbeitsbeginn bei Siemens unbekannt, Halle X und Halle 6

Halle 8

„[…] Der Zivilist führt bloß die Befehle aus, die er von seinen Vorgesetzten erhalten hat: er bringt die Fakten zur Anzeige und wäscht als guter Pilatus gleich danach seine Hände in Unschuld, weil der Fall nicht mehr in seine Zuständigkeit fällt. Es spielt keine Rolle, ob die Sklavin mit fünfundzwanzig Peitschen- oder Stockhieben bestraft wird, ob mit Erschießung, Entlassung oder Selektion; für ihn ist lediglich wichtig, dass er das Reglement befolgt hat. Die Zivilpersonen, die in der Fabrik arbeiten, halten sich peinlich genau an die Regeln […].“

– Lidia Beccia Rolfi, * 1925, Italienerin; Siemens: Oktober 1944 – April 1945, Halle 8

Halle 9

„Meine Abteilung war für die Mischung des Materials aus einem Pulver und einer Flüssigkeit zuständig. Diese wurden in riesige Töpfe getan; die Töpfe wurden auf Walzen gehoben, wo sie gemischt wurden. Nach der Mischung wurden sie in Formen gefüllt. Die Formen wurden mit großen heißen Pressen bearbeitet, da das Gemisch bei einer bestimmten Hitze gepreßt werden mußte. Dann wurden sie in Öfen gebacken und von beiden Seiten mit einer gelben Farbe bemalt, die einen Elektrizitätskontakt erzeugte. Nach dem Trocknen wurden sie wie Batterien gemessen.

Ich glaube, das waren kleine Widerstände, die man in Bügeleisen oder in Radios einsetzte.“

– Margrit Wreschner-Rustow (geborene Wreschner), * 1925, Deutsche Jüdin; Siemens: April 1944 – März 1945, Halle 9

Halle 21 – Mano- und Voltmeter

„Wir arbeiteten in Halle 21. Wir stellten Manometer und Voltmeter her, machten die Justierung, d.h. trugen die Arbeiten der ganzen Halle zusammen und machten die Instrumente zur Verwendung fertig. Schnell arbeitend mussten davon dreißig in der Nacht und dreißig am Tag gemacht werden; wenn es uns nicht gelang die Quote von dreißig zu erreichen, konnten wir bestraft werden. […]“

– Bianca Paganini, * 1922, Italienerin; Siemens: November 1944 – April 1945, Halle 21