Eindrücke und Empfindungen

„Den Tag bringe ich damit zu, mir die Hände zusammenzulöten, mit dem Lötzinn herumzupfuschen, zu versuchen, die Drähte an der Spule zu befestigen, aber ich kriege herzlich wenig zustande. Trotz meines Misserfolgs werde ich angenommen, denn die Kollegin rechts von mir, eine Dänin, die ich noch nie zuvor gesehen habe, lötet für mich mit, am Abend ist meine Schachtel voller Spulen. In den nachfolgenden Tagen lerne ich das Handwerk, werde eine tüchtige Arbeiterin und schaffe es, die Mindestanforderungen an Produktivität zu erfüllen.“

– Lidia Beccia Rolfi, * 1925, Italienerin; Siemens: Oktober 1944 – April 1945, Halle 8

„Zunächst wurde ich bei der Firma Siemens in der Schreibstube eingesetzt, um täglich die Listen der Toten, der Neuzugänge, der ausfallenden und anzufordernden Arbeitskräfte zu führen. Bei diesen Schreibarbeiten habe ich mich extra vertippt, um diese Arbeit zu boykottieren. Ich wollte nicht die Namen meiner Mithäftlinge registrieren, unter dauernder SS-Aufsicht und persönlicher Lebensgefahr. So blieb meine Tätigkeit in dem Büro nur eine kurze Episode. […]“

– Theodoline Katzenmaier,  * 1918, Deutsche; Arbeitsbeginn bei Siemens unbekannt, Halle X und Halle 6

„Wir treten in die Fabrik ein, dieses Mal offiziell und regulär, beide für die Halle 8 bestimmt. Die 20 riesigen Lagerhallen von Siemens erstrecken sich in fünf Reihen, jede voneinander durch einen freien Raum, eine Art Straße getrennt. Die Gestaltung der Siemensanlage unterscheidet sich nicht von der [des Lagers] Ravensbrück, der Architekt ist dem gleichen Schema in Grau und der Ökonomie gefolgt.

Unsere Halle ist ein einziger Schuppen ohne Unterteilungen im Inneren, ohne Latrinen, trostlos und laut. Die Spulmaschinen machen einen betäubenden Lärm.“

– Lidia Beccia Rolfi, * 1925, Italienerin; Siemens: Oktober 1944 – April 1945, Halle 8

„Die Deutschen nahmen sich das Recht, ausländische Internierte nicht nur ohne Gesetz und Urteil festzuhalten, sondern sie zwangen sie auch noch für den Krieg Hitlers zu arbeiten. Das war bei „Siemens“ der Fall. […]“

– Yvonne Useldinger (geb. Hostert), * 1921, Luxemburgerin; Siemens: Mai 1943 – April 1945, Halle 2

„[…] Man fragt sich, ob das ein Menschenleben wert ist. Wenn ich unersetzbar bin, versteh ich, daß ich mein Leben opfer, um nicht für den Krieg zu arbeiten. Aber wenn die so viele Menschen haben, daß sie statt dir zehn oder zwanzig hinschicken können, die aus Angst oder aus welchem Grund auch immer, arbeiten, wäre das Leben nicht sinnvoll geopfert. Das ist meine Meinung dazu. […]“

– Irma Trksak, * 1917, Österreicherin; Siemens: Ende Oktober 1942 – Januar 1945, Halle 3, dann Stubenälteste Siemenslager